Schulbau braucht mehr Verlässlichkeit – und neue Wege

Wenn man Schulpolitik macht, kommt man oft mit hehren Zielen und großen Ideen. Die Vision ist, beste Bildung zu ermöglichen – durch ansprechende Gebäude, eine inspirierende Lernumgebung, moderne Lernmittel. Die Realität ist leider häufig eine andere. Statt ansprechender Gebäude besteht die Herausforderung inzwischen schon darin, überhaupt ausreichend Schulraum bereitzustellen.

Unsere Grundschulen platzen aus allen Nähten – getrieben durch den steigenden Bedarf an OGS-Plätzen, den bald geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und nicht zuletzt durch völlig verfehlte Bedarfsprognosen vor zehn Jahren. Zum ersten Mal mussten wir unseren eigenen Anspruch räumen – und Kindern den Zugang zur OGS verweigern. Inzwischen wird an allen Ecken und Enden improvisiert: Containerlösungen, Anbauten, Raumumwidmungen. Doch all das kann nicht auf Dauer funktionieren.

Hier treffen die baulichen Notwendigkeiten auf die Grenzen der öffentlichen Hand. Personalmangel, 
fehlende Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Privatwirtschaft und ein enges Korsett rechtlicher Vorgaben machen den zeitgerechten Aus- und Neubau von Schulen nahezu unmöglich. 

Was in vielen Bereichen gilt, gilt auch hier: Der Anspruch, alles selbst machen zu wollen – oft getragen von dem Gedanken, jedes Detail politisch zu kontrollieren und durch Rat und Ausschüsse zu steuern – führt unweigerlich ins Chaos. Entscheidungen ziehen sich, Projekte verzögern sich, Kosten steigen, und am Ende bleiben Stillstand und Frust. Eine Bildungspolitik, die den realen Bedürfnissen von Kindern, Familien und Lehrkräften gerecht werden will, darf so nicht weiterarbeiten.

Die FDP-Fraktion hat deshalb früh und immer wieder darauf gedrängt, stärker auf privatwirtschaftliche Akteure zu setzen, wo es möglich ist, und Prozesse zu standardisieren, um Zeit und Kosten zu sparen. 

Gerade angesichts eines Investitionsstaus von mehreren Hundert Millionen Euro müssen wir uns ehrlich fragen: Wie wollen wir diese Herkulesaufgabe bewältigen, wenn wir so weitermachen wie bisher?
Die ersten Projekte zeigen, dass der eingeschlagene Weg funktioniert: Machbarkeitsstudien in Modulbauweise für mehrere Schulen wurden gebündelt an ein Architekturbüro vergeben – mit dem Ergebnis, dass belastbare Ergebnisse schnell vorlagen. Und zwar nicht nur schneller, sondern auch mit realistischeren, oft günstigeren Kostenschätzungen. Diese Erfolge dürfen keine Einzelfälle bleiben, sondern müssen der neue Standard werden.

Der nächste logische Schritt ist, auch beim oft langwierigen Prozess der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen die Expertise externer Akteure stärker zu nutzen. Wenn wir wollen, dass alle Kinder bald wieder einen Betreuungsplatz bekommen, wenn wir wollen, dass Lehrkräfte sich nicht länger mit Provisorien herumschlagen müssen, sondern sich auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können, dann müssen wir Verwaltung und Politik von Detailarbeit entlasten – und stattdessen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Ein Schulausschuss sollte sich nicht wie ein zweiter Hochbauausschuss anfühlen. Er sollte Raum für die entscheidenden Fragen bieten: Wie wollen wir in Zukunft lernen? Welche pädagogischen Konzepte brauchen wir? Welche digitalen und analogen Lernmittel sollen unsere Kinder nutzen?

Gleichzeitig müssen wir aus den vergangenen Jahren die richtigen Lehren ziehen. Denn es geht nicht nur darum, einzelne Schulen zu bauen. 

Wir stehen vor der Mammutaufgabe, einen Investitionsrückstand aus Jahrzehnten aufzuholen – und dabei trotzdem handlungsfähig zu bleiben. 

Das gelingt nur, wenn wir klare Prioritäten (und eben auch Posterioritäten) setzen. Wir können nicht alles auf einmal machen – und wir dürfen nicht so tun, als ginge das. In der letzten Ratsperiode haben wir – wie auch die SPD – immer wieder auf eine transparente Übersicht aller anstehenden Projekte gedrängt. Diese Übersicht ist keine bloße Verwaltungsvorlage, sondern eine dringend benötigte Entscheidungsgrundlage. Nach zahlreichen Anfragen, Anträgen und der Übernahme des Hochbaubereichs durch unsere Bürgermeisterin Ursula Baum liegt diese Übersicht nun endlich vor. Sie ist die Voraussetzung, um eine echte Priorisierung vorzunehmen – und damit eine Grundlage für eine faire, sachgerechte und zukunftsorientierte Bildungsinfrastruktur in unserer Stadt.

Das mag auf den ersten Blick wie ein kleiner Schritt wirken – in Wahrheit ist es ein großer Durchbruch. Denn ohne eine klare Übersicht und eine ehrliche Priorisierung werden wir immer nur weiterwursteln. Jetzt braucht es den Mut und die Klarheit, auch zu sagen, was wir nicht sofort umsetzen können – und was warten muss. Nur so können wir verhindern, dass die Versäumnisse der Vergangenheit weiter in die Zukunft verschoben werden. Nur so schaffen wir es, aus Notlösungen endlich wieder Perspektiven zu machen. Für unsere Kinder, für unsere Schulen, für unsere Stadt.