Finanzen: Raus aus der Komfortzone

Von: Dirk Salewski, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Kaarst

„Eine Zumutung für uns alle – aber notwendig.“ - das war meine Botschaft, als ich zuletzt im Rat der Stadt Kaarst zur Konsolidierung der städtischen Finanzen sprach – und ich habe diese Botschaft ganz bewusst gewählt. Nicht, um zu dramatisieren. Sondern weil sie den Kern dessen trifft, was politisch geleistet werden muss. Der Konsolidierungskompromiss, auf den sich die Fraktionen geeinigt haben, war kein einfacher. Er war unbequem, für jeden Einzelnen. Für uns als Fraktion, die aus der Opposition heraus vieles mitgetragen hat. Für alle Ratsmitglieder, die Überzeugungen zurückstellen mussten. Und vor allem für die Menschen in Kaarst, die die Auswirkungen dieser Entscheidungen zu spüren bekommen.

Aber: Es war notwendig. Notwendig, weil es keinen ehrlichen Weg daran vorbeigab. Und notwendig, weil Stillstand angesichts der Haushaltslage keine Option mehr war.

Warum der Kompromiss notwendig war

Was wir im Frühjahr des vergangenen Jahres auf den Weg gebracht haben, war kein großer Wurf, kein elegantes Reformpaket. Es war ein Kraftakt. Ein Kompromiss zwischen Fraktionen, die sich in vielen Fragen nicht nahe stehen – aber bereit waren, Verantwortung zu übernehmen. Es war ein mühsam errungener Konsens. Und vor allem: ein überfälliger Schritt.

Denn die Lage war – und ist – ernst. Die Rücklagen der Stadt werden rasant aufgebraucht. Das strukturelle Defizit liegt bei mehreren Millionen Euro jährlich. Und das nicht erst seit gestern. 

Jahrelang wurde gehofft, das Problem werde sich durch Glück, Konjunktur oder Zufall lösen. Aber Haushaltsprobleme lösen sich nicht in Wohlgefallen auf. Sie 
wachsen – wenn man nichts tut.
 

Frühe Warnung - Späte Einsicht

Wir Freie Demokraten haben früh darauf hingewiesen – nicht aus Lust an der Kritik, sondern aus Pflichtbewusstsein. Bereits 2021 hat sich der Stadtrat auf unsere Initiative hin zu generationengerechter Finanzpolitik verpflichtet. Doch erst 2024 kam tatsächlich die Wende: CDU, SPD, Grüne und FDP haben sich zusammengerauft und einen gemeinsamen Konsolidierungspfad beschlossen.

Ich habe in meiner damaligen Haushaltsrede nicht verschwiegen, wie schwer uns dieser Schritt gefallen ist. Jeder Euro, der gestrichen wird, fehlt an anderer Stelle. Kulturprojekte müssen zurückgestellt werden, Vereine warten länger auf Unterstützung, neue Ideen bleiben in der Schublade. Für viele Menschen in Kaarst ist das spürbar – und verständlicherweise auch frustrierend. Aber es war notwendig. Denn nichts zu tun hätte am Ende noch viel mehr gekostet.

Die wahre Arbeit beginnt jetzt erst

Denn die Wahrheit ist: Dieser Kompromiss war nur der Anfang. Eine notwendige Notbremsung – aber kein nachhaltiger Kurswechsel. Die Rücklagen sind demnächst aufgebraucht. Das strukturelle Defizit bleibt. Und wir wissen heute: Die bisherigen Einschnitte werden nicht ausreichen, um die finanzielle Stabilität dauerhaft wiederherzustellen. Die Aufgabe für die kommenden Jahre wird darin bestehen, noch konsequenter zu priorisieren. Es wird nicht reichen, überall ein bisschen zu kürzen. Wir müssen klären, was uns wichtig ist – und was wir uns leisten können. Was Pflicht ist – und was Kür.

Was jetzt nötig ist

Klar ist: Wir brauchen eine leistungsfähige Verwaltung, die nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Wir brauchen ein modernes Controlling, das Probleme erkennt, bevor sie entstehen – nicht erst, wenn sie bereits Geld kosten. Und wir brauchen politische Entscheidungen, die nicht darauf schielen, was sich gut verkauft – sondern die darauf zielen, was langfristig richtig ist. Das bedeutet auch: lieb gewonnene Routinen hinterfragen. Verwaltung neu denken. Mehr Transparenz schaffen – bei Projekten, bei Kosten, bei Zuständigkeiten. Und: Stärker mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen, wenn es darum geht, harte Entscheidungen zu erklären.
 

Unbequem - aber ehrlich

Diese Aufgaben sind nicht populär. Aber sie sind notwendig. Und sie dulden keinen Aufschub. Wir Freie Demokraten sind bereit, diesen Weg weiterzugehen. Nicht, weil es uns leichtfällt. Sondern weil wir überzeugt sind: Wer Verantwortung trägt, darf nicht in der Komfortzone verharren. Wenn Kaarst auch in Zukunft handlungsfähig bleiben soll – für gute Schulen, für bezahlbaren Wohnraum, für eine intakte Infrastruktur und eine aktive Stadtgesellschaft – dann müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen. Mit klarem Blick. Mit klaren Prioritäten. Und mit dem Mut zur Wahrheit.